Jesus ist aber auch wahrer Mensch; denn der Sohn Gottes hat die menschliche Natur, d. h. einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele angenommen und ist in allem uns gleich geworden, außer in der Sünde.
Daß Unser Herr Jesus von Nazareth auch wahrer Mensch ist, lehrt die Heilige Schrift im allgemeinen, indem der Heiland sich selbst wiederholt "Menschensohn" nennt, und seine menschliche Abstammung von Abraham, David, Maria, seine Geburt, sein Leben und sein Tod so beschrieben werden, wie das nur von einem der wahrhaft Mensch ist, geschehen kann. Schon Johannes hatte ihn angekündigt, nicht als eine Scheinfigur, sondern als einen Mann, der aber Gottes Sohn ist.
Aber auch im besondern, indem sie dem Herrn Jesus die Bestandteile der menschlichen Natur d. h. den Körper und leibliche Zustände, und die menschliche Seele mit den ihr eigentümlichen Kräften beilegt.
Das ist uns fast mehr ein Trost, schreibt ein edler Sohn des heiligen Dominikus so richtig (P. Weiß, Apol. I. 18. Vortrag.), daß wir an Christus einen Hohenpriester haben, der mit unsern Schwachheiten Mitleid tragen kann, da er selber gleich uns in allen Dingen versucht wurde (Hebr. 4,15.), als daß wir an seine Gottheit glauben. Das muntert uns auf, daß er in allem ein Beispiel gegeben hat, wie wir leben sollen und können (St. Aug. Serm. 75,2.). Deshalb hat er die menschliche Natur angenommen, damit wir auf sein Beispiel der Heiligkeit und Religiosität wie auf ein schönes Gemälde hinblicken und daraus Bewunderung und Begeisterung zur Nachahmung schöpfen (St. Bas. Const. mon. 1,1; Laktant. Inst. 4,26, 26.). Darum wird er zum Gericht geradeso wiederkommen, wie er zum Himmel gegangen ist, als Mensch (Apostelg. 1,11, St. Thom. 3. q. 59, a. 2.), um alle Entschuldigung unmöglich zu machen. Wenn also irgend eine Wahrheit für das Leben von Bedeutung ist, so muß es die von der wahren Menschheit Jesu Christi sein.
Er ist nicht bloß ein neuer und dennoch ein wahrer, sondern auch im vollsten Sinne des Wortes ein ganzer Mensch. Kein echt menschlicher Zug fehlt in diesem Leben, keiner tritt störend aus dem Rahmen des Ganzen heraus. In vollendeter Harmonie, ohne Mangel, ohne Übermaß, ohne Mißton, steht sein Charakter wie seine ganze Tätigkeit vor uns. Inneres und Äußeres stehen in Einklang wie nie bei einem Menschen. Darin erreicht ihn selbst der nicht, der sich nach seinem Beispiele bildet. Obwohl hoch über allem irdischen Treiben, ist er ferne von dem menschenverachtenden Stolze des Stoikers. Er lebt nicht in der Welt, er geht nicht mit der Welt, aber er stößt sie auch nicht von sich. Er flieht sie nicht, er sucht sie nicht, so wenig er sie fürchtet. Er braucht die Welt nicht, aber er läßt sich finden, ja er kommt ihr entgegen, ehe sie ihn sucht. In sich selber so selig, daß er die ganze Welt vergessen könnte, verfällt er gleichwohl nicht der selbstgenügsamen, menschenfeindlichen Abgeschlossenheit eines Diogenes. Ein Freund voll zärtlicher Liebe, schämt er sich nicht der Tränen des Schmerzes um den verstorbenen Freund; zu fröhlichem Mahl geladen erscheint er voll liebenswürdiger Heiterkeit. Auch an ihn wagt sich, gerade wie an den schwächsten der Menschen, der Versucher, und er weigert sich nicht, die Versuchung über sich ergehen zu lassen, um allen ein Beispiel im Kampfe zu werden. Die Todesfurcht mit ihrem Schrecken erschüttert auch ihn gleich jedem Sterblichen. Durch sein ganzes Leben zeigt er sich stets als vollkommenen Juden. Kein Zug ist an ihm von jenem vaterlandslosen Kosmopolitismus, der zu seiner Zeit Griechenland und Rom zu beherrschen begann. Er übt die strengen Gebräuche seines Volkes mit gewissenhafte Treue. Er wendet sich nur an die verlorenen Schafe des Hauses Israel. Er verbietet seinen Schülern, so lange er lebe, fremde Völker zu lehren (Matth. 10,6; 15,24.). Aber obwohl ein treuer Sohn seines Vaterlandes, geht er dennoch nicht in dessen engem Geist auf. Ganz in seinem Volke stehend und darum eine bestimmte, wenn der Ausdruck erlaubt ist, plastische Gestalt, ist er keineswegs ausschließlich national, sondern universal. Volkstümlich in seinem Volk, ist er populär auf der ganzen Erde. Niemand außer ihm hat sich noch über den zerstörenden Einfluß der größten aller Mächte, der Zeit, erhaben gezeigt. Gewiß, kein schattenhafter, kein bloß in der Einbildung vorhandener, nur ein lebendiger, nur ein echter Mensch kann nach Jahrtausenden noch die Menschen ebenso entflammen wie durch das Wort seines Mundes, wie durch den überwältigenden Zauber seiner liebenswürdigen Gegenwart. Christus schied aus dieser Welt mit dem Bewußtsein, den ärmsten Fischern von Galiläa seinen eigenen Geist eingeflößt zu haben in dem Grade, daß sie fähig seien, die Welt umzugestalten, das was er grundgelegt hatte, zur Vollendung zu bringen. Er wußte, daß Jahrtausende seinen Einfluß nicht schwächen werden, und so ist es wirklich.
Das aber ist um so wunderbarer, als das Geheimnis seines Einflusses sich gerade an seine Person knüpft. Wir feiern die Worte der Denker, die Schöpfungen der Künstler, die Taten der Helden. Das entscheidende ist für uns ihr Wort und ihr Werk, ihre Person ist nicht damit verwachsen. Bei Christus allein bleibt unser Geist, bleibt unsere Liebe an der Person selber haften. Bei ihm allein ist das Wort und das Werk nichts ohne seine Person, und seine eigene Person ist seine Lehre. Wie viele kennen seine Stiftung, wie manche besitzen seine Wahrheit und doch ist sie in ihnen wie tot. Begreiflich auch: die Bedauernswürdigen haben sein Wort, ihn selber haben sie nicht. Wer aber ihn findet, der hat das Leben gefunden, auch wenn er unfähig wäre, ein Wort von ihm zu lesen. Ohne seine Person ist seine Lehre nichts und die Bibel ein unverständliches Buch. Haben wir aber ihn, so haben wir auch sein Wort und noch mehr als dies. Er ist sein Wort, denn er ist das Wort. Er ist mehr als seine Lehre, denn er ist das Leben. So steht er vor uns in einer Größe, die kein zweiter Mensch erreicht hat. Somit können wir ihn mit keiner Klasse von Menschen zusammenstellen. Über Völker und Zeiten, über jedes Alter und Geschlecht erhaben, läßt er sich ein ganzer Mensch nennen, aber in viel weiterem Sinn als die wenigen, die diesen Namen verdienen. Obwohl Fleisch von unserem Fleisch und Gebein von unserem Gebein, ist er allein das vollendete Urbild des Menschen, der einzige, dem wir keine menschliche Schwäche nachweisen können, der einzige, der alles, was wir vom Menschen an Vollkommenheit verlangen, im höchsten Maße aufweist, der wahre, der ganze Mensch, wie er sich selbst am besten nennt, der Menschensohn. Nicht einmal die eingefleischtesten Ungläubigen und verbissensten Rationalisten unterstehen sich, die außerordentliche moralische Größe unseres Herrn, erhaben über alle Menschen der vergangenen und künftigen Zeiten, abzuleugnen, indem sie - Strauß und sein Nachbeter Renan an der Spitze - Jesus, wenn auch widerwillig oder gönnerhaft, preisen als "einen unvergleichlichen Mann von kolossalen Verhältnissen, ein wunderbar erhabenes Genie, den Schöpfer der ewigen Weltreligion, den wahren Seelenfriedenbringer, den größten Tröster des Lebens, den Begründer der Gewissensrechte, das vollendete Modell, das von allen Leidenden in Ewigkeit studiert werden wird, um sich daran zu stärken und aufzurichten. Auch ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß ein Mensch, welcher Christus gleichkäme, auf Erden je noch erscheinen könne, unmöglich, daß er je, was auch die ungeahnte Zukunft bringen möge, von einem Menschen übertroffen werde."
Lessing und Kant haben behauptet, die historische Persönlichkeit Christi sei von geringem Belang. Auf die Lehre komme es allein an. Wer diese vorgetragen habe, das sei gleichgültig. In neuerer Zeit wird dieses Wort nahezu Mode. Was liegt daran, heißt es, ob wir auch den Glauben an die Gottheit Christi preisgeben, was liegt selbst an dem geschichtlichen Jesus? Genug für uns, daß uns niemand den unvergleichlichen Schatz von Weisheit raubt, den wir an seinem Worte haben.
Bei allen andern Lehrern wäre der eben ausgesprochene Satz richtig. Aber bei Christus gilt er nicht. Die Feinde des Glaubens wissen das recht wohl. Gerade darum scheiden sie so sorgfältig zwischen seiner Person und, wie sie sich selbst verratend sagen, dem bleibenden Kern seiner Lehre. An den Worten läßt sich auswählen, deuteln, ändern. So kann man ihrer ledig werden, ihnen wenigstens alles ausreißen, was sie vom Himmel an sich haben. Und darauf ist es abgesehen. Selbst das Werk Christi läßt sich auslegen nach eigenem Befinden, und aus seiner Stiftung kann man Stücke schneiden, wegwerfen oder behalten, wie es einem beliebt. Aber die Person muß man nehmen, wie sie ist. Sie läßt sich nicht zerlegen noch zersetzen. Christus ist etwas so Eigenartiges, so Großes, so Einheitliches und Vollkommenes, daß man, auch wenn man ganz von seinem übernatürlichen, göttlichen Charakter absieht, sagen muß, eine solche Vollendung der menschlichen Natur sei weder das Ergebnis der vorausgehenden noch überhaupt einer andern menschlichen Kultur.
Wie arm, wie unaussprechlich arm ist also der Mensch, der Christus nicht hat! Hat er Christus den Menschen nicht, so hat er auch Gott nicht. Denn einer allein ist Mittler zwischen Gott und dem Menschen, der Mensch Jesus Christus (Tim. 2,5.) Christus als Gott ist das Ziel, nach dem wir streben, Christus als Mensch der Weg, auf dem wir gehen (St. Aug. Serm. 123,3; In Joh. tr. 34,9.). Zu Christus kommst du nur durch Christus (St. Leo Serm. 66.), zur Gottheit nur durch seine Menschheit (St. Aug. Serm. 141,4.). Die Gottheit ist das Ziel, die Menschheit ist der Weg (St. Aug. In Joh. tr. 42,8.). Der Weg ist Christus in der Menschheit, das Ziel derselbe Christus nach seiner Gottheit (St. Thom. In Joh. 14; 1. 2, c.). - Soweit der von uns hochverehrte Apologet.
"Daraus erkennt man", lehrt der Apostel Johannes, "ob jemand aus dem Geiste Gottes, aus der Wahrheit spreche, wenn er bekennt, daß Jesus Christus (Gott) im Fleische gekommen sei", d. h. die menschliche Natur angenommen habe (1. Joh. 4,2.).
Mit diesen Worten hat die "Säule der Kirche"alle frechen Geisteszwerge und Christusbekämpfer samt all ihren "Studien" und "Versuchen" und "Beweisen" - die ebensoviele Gotteslästerungen waren - schon im voraus für immer zerschmettert und vernichtet. Was fechten uns da an der seifenblasige Redeschwall des "genialen" Strauß, die leichtfertigen Schlüsse und Behauptungen des "romantischen" Renan, die niederträchtigen Schilderungen und Vermutungen des "glaubenslosen" Schenkel, die Erbärmlichkeiten des obskuren Rotowitsch, die vier Christusse - der historische, poetische, theologische und lebendige - des spleenigen Briten F. Watson, der sentimentale "Unser Herr und Meister" des amerikanischen Rev. Young, der sich seiner nur halb bewußte Markus-Christus Bennets, der orientalische Fanatiker oder Ekstatiker, genannt Christus, des Glaubens-Wechslers O. Holtzmann? Und wen befriedigt der geistlose Furrersche Christus oder der auf seine Gottheit so ziemlich vergessende Schell-Christus?
Schließlich wenn da ein "Theologe" schreibt: "Durch den Vorstellungskreis von der Person Jesu zieht sich ein unauflöslicher Widerspruch hindurch, indem die persönliche Vereinigung zweier Wesenheiten, die an sich nichts miteinander gemein haben, sich vielmehr schlechthin widersprechen, nur vermöge eines alle Begriffe übersteigenden Wunders ermöglicht wird; ein undurchdringliches Geheimnis schwebt über dem Personenleben Jesu Christi, und daß er als "wahrer Mensch und wahrer Gott" unter den Menschen gelebt habe und über den Menschen gegenwärtig noch fortlebe, das ist eine Behauptung, welche die ernstesten Bedenken herausfordert" - so hören wir eben den autoritätslosen "Lügengeist" aus ihm reden, d. h. lästern.
Denn die menschliche Natur widerstrebt ihrem Wesen nach nicht einer Verknüpfung mit der göttlichen. Zwar hat sie ihre Schranken; daraus folgt aber nicht, daß die Gottheit, wenn sie sich mit ihr verbindete, in die gleichen Schranken müsse eingezwängt werden, indem sie ja überall ist. Deswegen, weil die Gottheit sich mit einem Körper vereinigt, verläßt sie andere Orte nicht. Sie weilt noch überall, obschon die mit ihr verknüpfte Menschheit nicht überall ist; sie leidet so wenig eine Veränderung an sich, so wenig wir uns verändern, wenn wir ein Kleid anziehen, das wir noch nie getragen.
Wunderbar und unmöglich ist nicht ein und dasselbe. Wunderbar nennen wir, was wir schwer begreifen, unmöglich aber, was einen Widerspruch in sich enthält: dieses streitet gegen die Vernunft, ersteres übersteigt bloß unser beschränktes Fassungsvermögen. Die Glaubensgeheimnisse nun gehören unter die wunderbaren, nicht unter die unmöglichen Dinge; begreifen kann man sie nicht, aber wohl glauben; erklären nicht, aber doch einigermaßen erläutern und erwägen. So auch Christi Menschwerdung und dieVerbindung der göttlichen Natur mit der menschlichen in seiner anbetungswürdigen Persönlichkeit.
"Denn daß der Sohn Gottes", also der hl. Leo in seinen unvergleichlich erhabenen Predigten, "der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste nicht einer Person, sondern eines Wesens ist, sich gewürdigt hat, unserer Niedrigkeit teilhaftig zu werden - ein Leidensfähiger, ein Sterblicher: das ist so hochheilig erhaben, so wunderbar, daß es der Weltsinn nicht begreifen kann, wenn nicht das wahre Licht den Nebel irdischer Unwissenheit verscheucht. Denn nicht nur hinsichtlich des Tugendpfades, sondern auch hinsichtlich der Glaubensbahn steht geschrieben: Eng und steil ist der Weg, der zum Leben führt; und es erfordert nicht wenig Arbeit und nicht geringes Unterscheidungsvermögen, zwischen den zweifelhaften Meinungen der Ungelehrten und den als wahrscheinlich hingestellten Falschheiten der Böswilligen ohne Anstoß gerade und sicher hindurchzuwandeln. Solches vermögen wir nur im Geiste Gottes nach des Apostels Ausspruch. Wir haben den Geist, der aus Gott ist, empfangen, damit wir wissen und erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist. Göttlich ist demnach die Autorität, der wir glauben, göttlich ist die Lehre, der wir folgen.
Welches aber nun ist die Wahrheit, welches ist unser Glaube in betreff der Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in der Person Jesu Christi? Hört, Geliebteste! Der Sohn, das Wort Gottes - selbst Gott - hat sich zur Annahme unserer Niedrigkeit ohne Erniedrigung seiner Majestät herabgelassen, blieb, was er gewesen, nahm an, was er nicht war, und verband eine wahre Knechtsgestalt mit der Gestalt, in der er Gott dem Vater gleich ist, auf so erhabene Weise, daß weder die Herrlichkeit der einen die niedrigere vernichtete, noch die angenommene Niedrigkeit die höhere beeinträchtigte. Indem also beide Wesenheiten die ihnen eigentümlichen Eigenschaften behielten und sich in einer Person zusammenfanden, verband sich die Majestät mit der Niedrigkeit, die Kraft mit der Schwäche, die Ewigkeit mit der Sterblichkeit. Es einten sich beide in einer Einheit und leiden keine Trennung und kennen kein Ende, indem der Erhöhende und der Erhöhte, der Verherrlichende und der Verherrlichte sich also ineinander fügten, daß, sei es in der Allmacht, sei es in der Schmach, das Göttliche in Christus nicht das Menschliche entbehrte, und das Menschliche in Christus nie ohne das Göttliche war. Damit unsere Schuld bezahlt werden könnte, vereinte sich die unverletztliche Natur mit der leidensfähigen, der wahre Gott mit dem wahren Menschen in der Person unseres lieben Heilandes, des Mittlers zwischen Gott und den Menschen; so konnte er einerseits sterben, auferstehen anderseits. Anders nämlich konnten wir nicht vom ewigen Tode errettet werden, als wenn derjenige demütig erschiene in unserer Natur, der allmächtig verblieb zugleich in seiner Gottesnatur. Ein einziges Rettungsmittel war möglich, wenn nämlich ein sündenloser Sohn Adams geboren würde, der seinen Mitmenschen durch Verdienst und Beispiel ein Heiland würde. Das erschien aber auf dem gewöhnlichen Wege menschlicher Zeugung unmöglich. Da ward der "Herr Davids" der "Sohn Davids", unser Herr Jesus Christus, - wahrer Gott zum Wunderwirken, wahrer Mensch zum Leiden- und Sterbenkönnen. Denn die vom Urvater vererbten Fesseln unserer Gefangenschaft vermochte nur ein Mann unseres Geschlechtes und unserer Natur zu lösen, der nichts von der Erbschuld abzutragen hatte, die wir nicht abzuzahlen vermochten.
Obschon nun aber von Anfang an, als das Wort Fleisch geworden, nichts von einer Trennung zwischen der göttlichen und menschlichen Substanz in Christus vorhanden war, vielmehr sein ganzes Leben hindurch alle seine Taten Taten einer Person gewesen sind, so haben wir uns dennoch in acht zu nehmen, eben diese seine Taten verständnislos durcheinander zu werfen; vielmehr müssen wir nachforschen, welcher Natur jede einzelne ist. Das aber fühlen wir sofort aus der Beschaffenheit der einzelnen Werke Christi deutlich heraus, indem das Göttliche nicht dem Menschlichen, das Menschliche nicht dem Göttlichen in Christus im Wege steht, beide in ihm vielmehr dergstalt zusammenfließen, daß jeder Natur ihr Eigentümliches verbleibt und doch Christi Person nicht verdoppelt wird. Als Gottessohn handelte er menschlich, als Menschensohn tat er Göttliches; denn er ist immer derselbe in einer Person: der ganze Menschensohn des angenommenen Fleisches wegen und der ganze Gottessohn wegen der Wesensgleichheit mit dem Vater." Soweit der heilige Leo.
In der Tat:
Als Mensch ist Er "der Sohn eines Weibes" - als Gott "wird Er der Schlange den Kopf zertreten."
Als Mensch ist Er "ein Mann aus Judä Stamm" - als Gott "harren auf Ihn die Völker."
Als Mensch ist Er "ein Kind, so uns geboren" - als Gott "wird Sein Name sein: Wunderbar, Gott."
Als Mensch nimmt Er Fleisch an - als Gott aus einer Jungfrau.
Als Mensch wird Er in einer Stallhöhle geboren - als Gott singen Ihm die Engel: Gloria.
Als Mensch wird Er beschnitten - als Gott heißt Er Jesus = Heiland der Menschen.
Als Mensch flüchtete Er vor Herodes - als Gott beten Ihn an die drei Weisen.
Als Mensch wird Er im Tempel dargestellt - als Gott begrüßen Ihn Simeon und Anna.
Als Mensch bleibt Er, zwölfjährig, im Tempel - als Gott staunen über Ihn die Schriftgelehrten.
Als Mensch schläft Er im Schifflein - als Gott stillt Er den Sturm.
Als Mensch wird Er zur Hochzeit geladen - als Gott verwandelt Er Wasser in Wein.
Als Mensch läßt Er Sich von Martha bedienen - als Gott vergibt Er der Magdalena.
Als Mensch hungert Er in der Wüste - als Gott dienen Ihm die Engel.
Als Mensch tritt Er ins Schifflein Petri - als Gott wandelt Er auf den Wellen.
Als Mensch bemitleidete Er die Elenden und Kranken - als Gott heilte Er sie.
Als Mensch besitzt Er eine Mutter und einen Vater - als Gott ist Er "eins mit dem Vater".
Als Mensch ließ Er sich taufen - als Gott öffnete sich der Himmel über Ihm.
Als Mensch fragte Er: Für wen haltet ihr Mich? - als Gott nannte Ihn Petrus: Christus, den Gottessohn.
Als Mensch führte Er die drei Apostel hinauf nach Tabor - als Gott ward Er vor ihnen verklärt.
Als Mensch liebkoste Er die Kindlein - als Gott legte Er ihnen segnend die Hände auf.
Als Mensch ritt Er weinend auf einem Esel nach Jerusalem - als Gott weissagte Er Jerusalems Untergang.
Als Mensch suchte Er Feigen am Baume - als Gott fluchte Er dem Fruchtlosen und er verdorrte.
Als Mensch nennt Ihn David "Sohn" - als Gott nennt er Ihn seinen "Herrn".
Als Mensch ließ Er Sich bis zum Abgrund zerren - als Gott ging Er "mitten durch sie hinweg".
Als Mensch aß Er das Osterlamm - als Gott hinterließ Er Sich Selbst im heiligsten Sakramente.
Als Mensch trauerte und zagte Er im Garten - als Gott sprach Er zu Gott: Mein Vater!
Als Mensch ließ Er Sich gefangen nehmen - als Gott warf Er die Häscher zu Boden.
Als Mensch stand Er gebunden vor Kaiphas - als Gott sagt Er diesem: "Ich bin Christus, Gottes Sohn!"
Als Mensch starb Er am Kreuzespfahl - als Gott bekennt Ihn schaudernd die ganze Natur.
Als Mensch wird Er begraben - als Gott ersteht Er triumphierend vom Tode.
Als Mensch ißt der Auferstandene mit den Jüngern - als Gott fährt Er in den Himmel empor.
Als Mensch wird Er vom Vater für Sein Messiasamt belohnt - als Gott sitzt Er mit dem Vater und Geiste auf ewigem Thron.
"Wenn nun aber jemand" - sagen wir mit dem hl. Konzil von Ephesus (trotz all dieser Beweise) "nicht bekennt, daß das Wort des Vaters persönlich vereinigt sei mit dem Fleische und daß es mit diesem Ein Christus, nämlich daß derselbe Christus Gott und Mensch zugleich ist, der sei im Banne!"
Johannes aber steht noch immer an der Türe zum Evangelium, in der künstlich geschaffenen Glaubenswüste, am reißenden Flusse dieses Lebens, der im Toten Meere endet und ruft: "Sehet, das Lamm Gottes!" Dieser Mann, der nach mir kommt, ist vor mir gewesen und ist mächtiger als ich, und ich habe bezeugt, daß er der Sohn Gottes ist. Wer seine Aussage annimmt, bekräftigt Gottes Wahrhaftigkeit und hat das ewige Leben, wer ihm aber nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern Gottes Zorn bleibt auf ihm (Joh. 1; 3.)".
Aus: Johannes. Der Vorläufer des Herrn nach Bibel, Geschichte und Tradition dargestellt von Dr. Nik. Heim. - Mit kirchlicher Druckgenehmigung. - Regensburg 1908, Verlag von J. Habbel.
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