Mittwoch, August 30, 2006

Kann man auch ohne Taufe gerettet werden?

Jedes Menschenkind, das ohne eigenen (persönlichen) (schlechten, bösen) Willen und ohne eigene (sündhafte) Schuld nicht zum wahren (vollen) Glauben und (damit) nicht zur materiellen, sakramentalen oder Blut- oder Begierdetaufe gelangt, erhält die Taufe in Jesus Christus und auf Jesus Christus unsichtbarerweise, aber wirksam (ohne eigenes Dazutun), aufgrund der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit und Liebe und Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes und der überreichen Erlöserverdienste Jesu Christi und der Verdienste Seiner Braut der Kirche (der Heiligen). Jeder Mensch (außer Jesus und Maria) wird mit der Erbsünde behaftet geboren, bzw. empfangen. Um dennoch Kind Gottes sein und für ewig selig werden zu können, ist (war) die Erlösung durch Jesus Christus erforderlich. Diese ist erfolgt - für ALLE Menschen. Der Mensch, der einzelne Mensch, muß diese Erlösung bewußt, freiwilig annehmen, d.h. also auch sich taufen lassen, um gerettet zu werden. Aber wenn er das Bewußtsein und den freien Willen (noch) nicht hat, bzw. (noch) nicht betätigen kann, ist selbstverständlich das entsprechende (sonst universal geltende) Gebot Gottes suspendiert oder nicht applikabel. Gott verlangt nie etwas Unmögliches. Alle Gebote Gottes gelten immer nur für "zur Vernunft gekommene" und "freier Willensentscheidung(en) fähige" Wesen. Gott kann solche Menschen nicht "zur Hölle verdammen" oder "nur" schon von der ewigen Glückseligkeit ausschließen und in einen "Limbus" verbannen. Gewiß, es hat kirchliche Verlautbarungen und Theologenmeinungen und auch Kirchenväter- und Kirchenlehrräußerungen in dieser Richtung gegeben. Aber eine unfehlbare dogmatische (klare) Definition des ewigen (Himmelsausschluß-)Schicksals der unschuldig ungetauft Gestorbenen gibt es nicht.

Zitat aus dem Kapitel II. Besondere Sacramentenlehre, 1. Taufe, § 36: "Die Notwendigkeit der Taufe" der "Theologischen Bibliothek", Zweite Serie, von Dr. Nikolaus Gihr, Freiburg i.Br. 1897, S. 265 f. beispielhalber einmal folgende Stelle:
"4. Da das Gesetz (Gottes) den Willen und zwar den bewußten freien Willen des Menschen bindet, kann die Notwendigkeit des Gebotes (necessitas praecepti) nur auf Personen sich erstrecken, welche den ausreichenden Vernunftgebrauch haben. Was zur Erlangung der Seligkeit bloß geboten ist, muß darum nur von jenen geleistet werden, welche dazu imstande sind, so daß hier nur wissentliches und freiwilliges Unterlassen, d.h. sündhaftes Unterlassen oder Ungehorsam den Verlust des Heils zur Folge hat und nach sich zieht. "Deus nullum obligat ad impossibile ex praecepto suo." Das einfach Gebotene hört mithin auf, heilsnotwendig zu sein, sobald die Unmöglichkeit eintritt, es zu erfüllen oder zu beobachten. So kann etwas unter ein strenges Gebot fallen, ohne ein zum Heile notwendiges Mittel zu sein; dagegen ist jedes heilsnotwendige Mittel immer auch streng geboten für alle jene, welche das Gebot erfüllen können. Da nun das Taufsacrament kraft göttlicher Anordnung ein zur Seligkeit notwendiges Mittel ist, muß der Empfang desselben den Erwachsenen auch streng vorgeschrieben sein. ..." "Von dem Gebot und von der Pflicht, sich taufen zu lassen, entbindet weder das bevorstehende Martyrium, noch die durch vollkommene Liebe oder Reue erlangte Gnade und Sündenvergebung, sondern bloß die Unmöglichkeit, das Sacrament zu empfangen...".
Der historisch und spekulativ begabteste, mystisch-innige Theologe der Neuscholastik, Matthias Joseph Scheeben (1835-1888), schreibt zum "Mysterium der Prädestination" u.a.: "... auch über diese (dunklen) Regionen wird... ein beruhigender Dämmerschein verbreitet, wenn wir den lichten Kernpunkt des ganzen Mysteriums im Auge behalten: wenn wir also festhalten, daß Gott mit unaussprechlicher Liebe alle Menschen zur übernatürlichen Verbindung mit sich bestimmt und erwählt hat und daß die Verwerfung und Ausstoßung aus dieser Verbindung erst da anfängt, wo der Mensch die wunderbare Liebe seines Schöpfers verachtet und sich also selbst zum Verderben prädestiniert. In der heilsamen Furcht, durch eigene Schuld diese wunderbare Liebe in einen ebenso schrecklichen Haß umzuwandeln, sollen wir zugleich unsern Blick in die Abgründe der göttlichen Güte versenken, welche der Anfang der "unerforschlichen Wege des Herrn" ist, während seine "unergründlichen Gerichte" nur auf jenen Wegen liegen, welche zu wandeln wir selbst unsern Gott zwingen müssen. Bewundern wir sodann "in den Tiefen der Weisheit und Wissenschaft Gottes" am meisten denjenigen Ratschluß, welchen Gott uns mit der größten Bestimmtheit offenbart hat, jenen Ratschluß, durch welchen Gott alle Menschen in seinem eingeborenen Sohne geliebt und mit himmlischem Segen überschüttet und durch welchen er beschlossen hat, aus den Tiefen der Gottheit heraus auf seinen Sohn als den Eckstein durch die Kraft des Heiligen Geistes alle Menschen zu einem Tempel seiner Herrlichkeit aufzubauen, wofern sie sich nicht als ungefügige Steine darstellen und durch eigene Schuld es verdienen, vom Baumeister verworfen zu werden. ... Denn alle Menschen sind prädestiniert in der Prädestination Christi, indem Christus durch die Annahme seines eigenen Leibes auch das ganze Geschlecht als seinen Leib angenommen hat. Während also Christus es als eine massa damnationis vorfand, ist es in ihm eine massa benedictionis geworden, auf welcher die Liebe Gottes unwandelbarer ruht als auf dem ursprünglichen Menschen...". ("Die Mysterien des Christentums, von Dr. Matthias Scheeben", Herder, 1912)

Es gibt allerdings diesbezüglich insofern den Widerspruch zu offiziell oder eher offiziös Doziertem, als "die Kirche" in den vergangenen Zeiten tatsächlich immer mehr oder weniger (aber eher weniger) (klar) lehrte, daß alle ungetauften Kinder in den "Limbus puerorum" kämen und nicht in den Himmel. Aber dieser "Limbus" der Gottferne ist eine eher unbeholfene Konstruktion einer Theologie, die dieses Problem einfach mehr verdrängte als löste. Jedenfalls kann man aus der Heiligen Schrift und aus den Lehren und dem Verhalten unseres Herrn Jesus einen solchen dritten "Ort" oder "Zustand" der Ewigkeit nicht begründen. Der "Limbus patrum" hat mit dem Opfertod Christi am Kreuz aufgehört zu existieren. Und das "Purgatorium" (das Fegfeuer) wird nur dauern bis zum Jüngsten Gericht. Nachher wird es nur noch Himmel und Hölle geben, und nichts mehr, rein nichts mehr "dazwischen"! Das ist doch die klare Lehre der katholischen Kirche. Vergessen wir nie, daß der christliche, der katholische Glaube der einzige absolut vernünftige und logische ist und daß er deshalb nichts Widersinniges, Törichtes, Gottunwürdiges, geschweige denn Gotteslästerliches enthalten kann. Es gibt schrecklich genug Aberglauben und Wahn auf dieser Welt. Seien wir niemals zu eng in unserer (vermeintlichen) Treue zum Buchstaben, zur Worthülse, zur unwesentlichen und vergänglichen, weil zeitbedingten äußerlichen Überlieferung. Ahmen wir nicht jene verhängnisvolle Inquisitionsmentalität nach, die der Kirche so viel Schaden gebracht hat. Verdächtigen wir nicht gleich alles neu oder anders Ausgesagte und Formulierte der Häresie!

Keine Kommentare: