Dienstag, März 28, 2006

Wer ist ein Christ? Wer nicht? - Zum Dritten

Christ ist, wer glaubt, daß Christus die Wahrheit ist. Daß Er die absolute, alles umfassende Wahrheit ist. Wir nennen etwas wahr, was in Wirklichkeit so ist, wie es ausgesagt wird. Wahrheit ist, was mit dem Sein übereinstimmt. Die Wahrheit ist, was mit dem Sein kongruent, deckungsgleich ist. Jesus ist die Wahrheit, weil Er das Sein ist. Er ist der Seiende, das Leben schlichthin. "Wie der Vater das Leben in Sich selbst hat, so hat Er auch dem Sohn verliehen, das Leben in Sich selbst zu haben." (Jo 5,26). Vor Ihm und über Ihm gibt es nichts In-Sich-Seiendes. Alles Leben strömt aus Ihm. Wäre Jesus nicht GOTT, dann könnte Er niemals von sich sagen: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben". Wäre Jesus nur ein Mensch wie wir, und wenn auch ein viel vollkommenerer (wie die heiligste Jungfrau Maria), dann wäre Jesus nicht die Wahrheit, sondern dann wäre er höchstens höchster Künder und Vermittler der Wahrheit, des Seins, des Lebens. Christ ist, wer glaubt, daß Christus der Allwissende ist. Jesus ist auch als kleines Kind, ja schon als Ungeborener im Mutterschoß, der Allwissende und Allmächtige. (Vgl. dazu z.B. das mystische Werk "Das Innenleben Jesu" der Äbtissin Cäcilia Baij) In Seiner Person vereinigt er die göttliche mit der menschlichen Natur. "Ein und derselbe Christus existiert in 2 Naturen, unvermischt, unveränderlich, ungeteilt und untrennbar, wobei die Verschiedenheit der Naturen wegen der Einigung nicht aufhört, vielmehr die Eigentümlichkeit jeder Natur bewahrt wird und mit der andern zu einer Person und Subsistenz zusammenkommt; er (Christus) ist nicht in 2 Personen geteilt, sondern ein und der nämliche ist eingeborener Sohn, Gott, Logos, Herr, Jesus Christus" (Denzinger 1 48). Gott aber nahm in Christus die Menschennatur an und nicht umgekehrt. Nicht der Mensch, der in Maria empfangen wurde, nahm die Gottesnatur an. Die Vereinigung der beiden Naturen geht also von der göttlichen aus und wird von dieser bestimmt. Gott hat aber nicht eine Menschennatur angenommen, um sie nach Belieben wieder "abzustreifen", sondern für immer, für ewig, "unveränderlich", unwiderruflich! Die Zweite Person Gottes kann sich nie mehr von ihrer Menschennatur trennen. Doch trotz dieser untrennbaren Einigung wird die Eigentümlichkeit auch der menschlichen Natur bewahrt. Jesus Christus ist wahrer, wahrster Mensch. Nichts geht ihm ab an seinem Menschsein, was das Menschsein ausmacht. "In ALLEM wurde Er uns gleich, außer (in) der Sünde." Jesus mußte darum als Mensch auch lernen, Erfahrungen sammeln, zunehmen an Weisheit und Macht (Können). Christus war Mensch unter Menschen. Er bewegte sich unter ihnen, sprach mit ihnen, aß und trank, hungerte und dürstete, war müde vom Wandern, schlief müde im Schiff, vergoß blutigen Schweiß, litt, starb und wurde begraben; Er trauerte, weinte, wurde erschüttert, frohlockte, zürnte und liebte menschlich stark und innig. Jesus konnte darum als Mensch von sich auch sagen: "Nicht einmal der Menschensohn kennt den Tag und die Stunde..." und konnte echt beten: "Vater, ... dieser Kelch möge an mir vorübergehen." Und: "Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!" Christ ist demnach nur, wer nicht nur glaubt, daß Christus der wahre und einzige GOTT ist, sondern auch das für absolut unabdingbar hält, daß Jesus Christus in jeder Beziehung echter, wahrer MENSCH und damit unser BRUDER und damit unser ERLÖSER ist. Nicht als Gott hat Christus uns erlöst, sondern als Mensch. "Wäre Gottes Sohn nur Gottes Sohn geblieben, ohne Menschensohn zu werden, so hätte Er die Menschenkinder nicht erlöst." (Augustinus s. 1 27,6,9; 38:710) "Hätte Er irgend etwas von der menschlichen Natur nicht angenommen, so hätte Er uns auch nicht erlösen können." Hieronymus, hom.in nat. Dom (Kös 15:217). "Der Logos schuldet dem Vater keinen Gehorsam, sondern ist ein Herr und Gott mit ihm. Wenn er nun in einer Menschennatur ein Leben des freiwilligen Gehorsams vom ersten Eintritt in die Welt (Hebr. 1 0,5) an bis zum Kreuzestode (Phil 2,8) führt und als Sühne für uns (Mk 10,45) aufopfert, so wird aus unserer Mitte heraus überfließend mehr und Wertvolleres Gott dargeboten, als wir alle ihm an geschuldetem Gehorsam verweigert haben. Das Geheimnis der hypostatischen Union ist also, worauf schon seine frühesten patristischen Verteidiger hinweisen, das eigentliche Fundament für die Möglichkeit der vollkommenen und überfließenden Sühneleistung im Erlösungswerk Christi." (Lex.f. Theol. u. Kirche, Herder, 1 933)
Das letzte, das entscheidende Verständnis Seiner Person kann uns nur Jesus Selbst aufschließen. Es hat nie Menschenworte gegeben, die es an Würde und Machtgefühl aufnehmen könnten mit den Worten und Gesten, in denen das göttliche Selbstbewußtsein Jesu aufblitzte. Nie hat ein Mensch mit solchem Bewußtsein vor der Welt gestanden. Keine natürlichen Entwicklungen können einen Menschen auf jene Höhe führen, auf der Jesus steht. Die Natur baut keine Jakobsleiter zu dem Thron hin, auf dem der Messias thront. Man versuche es einmal und streiche alle Worte aus Christi Mund, aus denen ein Schimmer übermenschlicher Größe und Macht leuchtet, alle Aussprüche, welche von Seiner eigenen Erhabenheit und Gottheit handeln, alle Taten, die als Wunder und Erfüllung der Weissagungen bezeichnet werden: was bleibt dann von Seinen Worten überhaupt noch übrig? Und so bestimmt, so selbstverständlich, so natürlich, wie Er von Gott als Seinem Vater sprach, konnte nur der reden, der Gott in dem Lichte Seiner eigenen Seele schaute, der nicht uns andern gleich nur durch äußere Vermittlung zu einem tieferen Gottesbewußtsein eingeführt wurde. Es gibt nichts Hohes und Heiliges im Alten Bund, nicht einmal seinen Tempel, nicht einmal seinen Sabbat, ja nicht einmal sein Gesetz, was nicht Seinem Willen und Seiner Vollmacht unterstünde. In dem einen kleinen Wort vom Menschensohn, in dem Schlichtesten, was Er von Sich aussagen konnte, in dem Namen "Mensch" verbargen Sich Ihm die ungeheuersten Spannungen Seines Selbstbewußtseins. Bis zum Himmel weiß Sich Jesus erhöht, und in den Staub der Erde sieht Er Sich hinabgestoßen. Er ist gekommen zu herrschen. Er ist gekommen zu dienen, zu sterben. König des Himmels ist Er und Mensch, ja Sklave der Menschen zugleich. Wer hier erschrickt, wer nicht mehr weiter kann und an dem Paradox zusammenbricht: Gott, der Allvollkommene, Allheilige, der Unendliche ist ein Mensch, ein Jude, ein Zimmermann, ein Verurteilter, ein Gekreuzigter: solch ein Schiffbrüchiger mag doch wohl noch gläubiger und frömmer sein als einer, der all das gelassen zur Kenntnis nimmt und teilnahmslos sein Credo spricht, oder gar als einer, der sich erfrecht, Jesu Selbstaussagen als unschuldige Floskeln, als harmlose Übersteigerungen eines exzentrisch frommen Gemüts auszugeben und vor der edlen Menschlichkeit Jesu seine Verbeugung zu machen.
Jesus starb, Jesus mußte sterben, weil die Menschen zu klein und zu eng, zu stumpf und zu niedrig waren, um Sein Hohes, Himmlisches zu erfassen. "Entweder ist Jesus Christus wirklich wahrer Gott oder die christliche Religion ist in ihrem innersten Kerne gotteslästerlicher Trug, und ihr Stifter selbst war ein Bösewicht oder Wahnwitziger; das ist aber für alle, die denken können und wollen, ein vollgültiger Beweis sowohl für die Gottheit Christi als auch für die Wahrheit und Göttlichkeit des Christentums." (Kleutgen, Theol. d. Vorzeit 3,17)

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