Freitag, Oktober 05, 2007

Gegen die Irrlehre des Monotheletismus

Brief (649) Papst Martins I (649-655) "Gratia vobis et pax" an alle Christgläubigen (= erste päpstliche Enzyklika)

Martinus, Knecht der Knechte Gottes, und durch seine Gnade Bischof der heiligen katholischen und apostolischen Kirche der Stadt Rom, zusammen mit unserer heiligen Versammlung der hochwürdigsten Priester, die ordnungsgemäß hier mit uns zusammengekommen sind zur Bekräftigung der rechtmäßigen Glaubenssätze der katholischen Kirche: An die, welche den gleich kostbaren Glauben unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus erlangt haben wie wir durch das Bad der Wiedergeburt, an allen Orten seiner Herrschaft, die da wandeln in Heiligkeit und Gerechtigkeit, an unsere geistlichen Brüder, die Bischöfe, die Priester, die Diakone, die Äbte der Klöster, die Mönche, die Büßer und an die Gesamtheit der allgemeinen und heiligen katholischen Kirche.
Gnade euch und Friede in reichen Maße, in der Erkenntnis und der Gemeinschaft des Heiligen Geistes, zu einem unvergänglichen und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt worden ist vor er Erschaffung der Welt (vgl 1 Petr 1,4), jetzt aber offenbar geworden ist in uns, die wir an unsern Herrn Jesus Christus glauben, der uns alles geschenkt hat, was sich auf das Leben und die Frömmigkeit bezieht, durch die Predigt des Heiles; darin jederzeit verharrend und unterwiesen in aufrichtiger Eintracht, sollen wir aufgebaut werden auf dem Grund der heiligen Apostel und Propheten, und der Eckstein ist Christus selbst (Eph 2,20); er ist Gott über alles und der Retter unserer Seelen. In ihm hat jeder Bau Halt und wächst durch die Baukunst des Geistes empor zu einem königlichen Priestertum und heiligen Tempel, dass wir in ihm dergestalt fortschreiten von Herrlichkeit zu Herrlichkeit und die Wundertaten dessen verkündigen, der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Lichte berufen hat (1 Petr 2,9), bei dem es keinen Wandel gibt und keinen Schatten der Veränderung (Jak 1,17) wohl aber die Vollendung aller Güter. Von ihm erleuchtet, halten wir fest an dem unwandelbaren Bekenntnis zu ihm (vgl Hebr 10,23), bis wir alle gelangen zur Einheit des Glaubens und zu seiner Erkenntnis, zur Mannesreife, zum Vollmaße seines Alters, dass wir nicht mehr unschlüssige Kinder sind, die sich von jedem Winde der Lehre umhertreiben lassen, durch das Trugspiel der Menschen, durch die Verführungskünste des Irrtums des Teufels (Eph 4,14), der sich immerfort beeilt, sein Werk an den Söhnen des Ungehorsams zu vollbringen (vgl ebd 2,2).
So machen wir euch also bekannt, was ihr ohne Zweifel ebenso bemerkt wie wir, da ihr einen wachsamen und mit Eifer für Gott erfüllten Geist habt, dass während die katholische und apostolische Kirche Gottes in Ruhe und Frieden verharrte, gewisse Leute sich eingeschlichen haben, gleich wie brüllende Löwen und suchend, wen sie verschlingen könnten (1 Petr 5,8), die schon längst für dieses Strafgericht der Gottlosigkeit vorgezeichnet sind (Jud 1,4), nämlich Theodor, vordem Bischof von Pharan, Cyrus von Alexandrien, Sergius von Konstantinopel, oder seine Nachfolger Pyrrhus und Paulus. Diese verdrehen das Werk des großen Gottes und unseres Erlösers in eine ketzerische Neuerung und leugnen den, der sie freigekauft hat, Christus den Herrn, indem sie in ihrer Schrift behaupten, er habe keineswegs nach der Knechtsgestalt, oder wonach er unseretwegen Mensch geworden ist, einen natürlichen Willen oder eine natürliche Tätigkeit, sondern bestehe nach ihrer Meinung ohne Wesenheit oder Natur, und nicht nur ohne Seele, und ohne Vernunft und ohne Gefühl; denn, wie uns die ruhmreichen Kirchenväter gelehrt haben, was immer ohne Willen und Tätigkeit besteht, entbehrt aller eigenen Wesenheit. Deshalb haben sie (die Väter) verkündigt, dass der Gott der Herrlichkeit selber und unser Herr Jesus Christus auf Grund der beiden Naturen, aus denen er besteht, und der dazu gehörigen natürlichen Eigentümlichkeiten in allen Dingen ganz vollkommen ist, nur ohne die Sünde. Wenn er also in allen Stücken vollkommen ist, warum dann nicht auch im Willen und in der Tätigkeit gemäß unserer (Menschen-) Natur? Denn es ist offenkundig: weil das eine natürliche Eigentümlichkeit unseres Wesens ist, besteht (auch) seine wesensgemäße Tätigkeit und sein (menschlicher) Wille; wenn diese Eigenschaft weggenommen wird, geht auch die Natur selbst mit ihr zugrunde, weil die Natur schon gar nicht mehr durch die wesensgemäße natürliche Eigenschaft, die sie bezeichnet, erkannt werden kann. Deshalb haben sie uns überliefert, dass wir in gleicher Zahl wie die mit ihm wesenhaft vereinigten Naturen, auch seine Willen und Tätigkeiten entsprechend vereinigt verstehen müssen, nämlich einen ungeschaffenen und einen erschaffenen, einen göttlichen und einen menschlichen, wie ihre Aussprüche beweisen, die in unsere Akten beim Beweis der wahren Lehre eingefügt sind, und die klarer sind als jeder Sonnenstrahl.
Indem also die genannten Gegner der Wahrheit den richtigen Weg der heiligen Väter, die uns dies gelehrt haben, das heißt, das rechtgläubige Bekenntnis, zurückwiesen und verließen, wandelten sie auf dem Wege von Balaam, dem Sohn des Bosor (vgl 2 Petr 2,16); das heißt, sie sind dem Glauben der Häretiker und ihrem selbstgewählten Irrtum ganz hingegeben und verhärtet im Widerspruch ihres Ungehorsams: "Irrende Sterne und Wolken ohne Wasser, und Bäume im Spätherbst, unfruchtbar, zweimal abgestorben und entwurzelt, wilde Meereswogen, die ihre eigene Schande ausschäumen, denen wegen ihrer Unbußfertigkeit die dunkelste Finsternis auf ewig aufbewahrt ist (Jud 11-13)", die sich aber nach allen Seiten der Makel ihres eigenen Irrglaubens furchtlos rühmen. "Sie haben den wahren Gott mit falschen Götzen vertauscht und diese verehrt (Röm 1,25)", und haben den reinen Lehren der katholischen Kirche die verführerischen Machwerke der Irrlehre vorgezogen, wobei sie sich beeilten, entweder die Einfältigeren zu täuschen oder die zu verfolgen, die im Herrn verblieben. Das haben sie bereits mit mehreren rechtgläubigen Männern getan, die sie leiblich peinigten, weil sie ihre Seele nicht einfangen konnten -, zerschlagen auf dem Felsen des rechten Glaubens jener Männer.

Aus: Summa Ponitificia - Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende, Band I - Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral, Abensberg, Seiten 156-157.

Die rechte Lehre über Christus, Gott und Mensch



Unter Gottes Führung fürwahr werden wir zum Maß des rechten Glaubens gelangen, den die Apostel der Wahrheit mit der Meßschnur der heiligen Schriften ausgebreitet haben, mit dem Bekenntnis, dass der Herr Jesus Christus, der Mittler zwischen Gott und den Menschen, göttliche Werke vollbracht hat, mit der mit dem göttlichen Worte wesenhaft vereinigten Menschheit, und dass derselbe Menschliches gewirkt hat, da er in unaussprechlicher und einzigartiger Weise Fleisch angenommen hatte, unterschiedlich, unvermischt und unverwechselbar, mit der vollen Gottheit. Und der im vollen Fleische mit göttlichen Wunderzeichen geglänzt hat, er ist, auch fleischlich geworden, völlig Gott und Mensch. Leiden und Schmähungen erduldet der eine Mittler zwischen Gott und den Menschen in beiden Naturen, das Wort, das Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat, er, der Menschensohn, der vom Himmel herabsteigt, ein und derselbe, wie geschrieben steht, gekreuzigt als Herr der Herrlichkeit, da doch feststeht, dass die Gottheit keine menschlichen Leiden erdulden kann; auch ward sein Fleisch nicht vom Himmel angenommen, sondern von der heiligen Gottesgebärerin. Denn so sagt die Wahrheit selbst im Evangelium: "Keiner ist in den Himmel hinaufgestiegen als nur der Menschensohn, der vom Himmel herabgstiegen ist, der im Himmel ist" (Joh 3,13); womit er uns sicherlich lehrt, dass das leidensfähige Fleisch in unaussprechlicher und einzigartiger Weise mit der Gottheit vereint ist, so dass es unterschieden und unvermischt, und ebenso ungeteilt verbunden zu sein schien. So soll ohne Zweifel mit erstauntem Geiste erkannt werden, dass sie vereinigt werden, während wunderbarerweise die Unterschiede der beiden Naturen bleiben. In Übereinstimmung damit schreibt der Apostel an die Korinther: "Wir verkündigen (auch) Weisheit bei den Vollkommenen, aber nicht die Weisheit dieser Welt, noch der Fürsten dieser Welt, die zunichte werden. Vielmehr verkündigen wir Gottes Weisheit, im Geheimnis verborgen, die Gott vor aller Zeit zu unserer Verherrlichung bestimmt hat. Die hat keiner der Fürsten dieser Welt erkannt; denn wenn sie dieselbe erkannt hätten, würden sie niemals den Herrn der Herrlichkeit ans Kreuz geschlagen haben" (1 Kor 2,6-8). Freilich konnte die Gottheit weder gekreuzigt werden, noch menschliche Leiden erfahren oder erdulden; aber wegen der unaussprechlichen Verbindung der menschlichen und göttlichen Natur, darum wird auch beiderorts gesagt; dass Gott Leiden erduldet, und dass die Menschheit vom Himmel mit der Gottheit herabgestiegen ist.

So bekennen wir also auch einen Willen unseres Herrn Jesus Christus, weil nämlich von der Gottheit unsere Natur angenommen worden ist, nicht die Schuld; jene nämlich, die vor der Sünde geschaffen wurde, nicht die, welche nach der Übertretung verderbt war. Denn Christus der Herr, der in der Gestalt des sündigen Fleisches kam, hat die Sünde der Welt hinweggenommen, und von seiner Fülle haben wir alle empfangen; und da er Knechtsgestalt annahm, ward er im Äußeren als ein Mensch befunden (vgl Röm 8,3; Phil 2,7); und weil er ohne Sünde vom Heiligen Geist empfangen war, ist er auch ohne Sünde von der heiligen und unbefleckten Jungfrau und Gottesgebärerin geboren worden, ohne eine Ansteckung der verderbten Natur zu erfahren. Das Wort "Fleisch" wird nämlich, wie wir wissen, in den heiligen Schriften auf zwei Arten und Weisen genannt, im Guten und im Bösen, wie geschrieben steht: "Mein Geist wird nicht in diesen Menschen bleiben, denn sie sind ja Fleisch" (Gen 6,3). Und der Apostel: "Fleisch und Blut werden das Reich Gottes nicht besitzen" (1 Kor 15,50). Und wieder: "Mit dem Geiste diene ich dem Gesetze Gottes, mit dem Fleische aber dem Gesetze der Sünde. Aber ich gewahre ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetze meines Geistes widerstreitet und mich gefangenhält unter dem Gesetze der Sünde, das in meinen Gliedern ist" (Röm 7,22-23). Und viele andere Stellen dieser Art pflegen unbedingt im Bösen verstanden oder angeführt zu werden. Im Guten aber so, wie der Prophet Isaias sagt "Alles Fleische wird nach Jerusalem kommen, und sie werden anbeten vor mir" (Is 66,23). Und Job: "In meinem Fleische werde ich Gott schauen" (Job 19,26). Und andere: "Alles Fleisch wird das Heil Gottes schauen" (Lk 3,6). So ist also, wie wir vorher gesagt habe, vom Erlöser nicht die verderbte Natur angenommen worden, die dem Gesetze seines Geistes widerstritte; er ist vielmehr gekommen, "um zu suchen und zu retten, was verloren war" (Lk 19,10), da heißt, die verderbte Natur des Menschengeschlechtes. Denn es war kein anderes Gesetz in seinen Gliedern, noch ein verschiedener Wille, oder ein dem Erlöser entgegengesetzter, weil er über das Gesetz der menschlichen Beschaffenheit hinaus geboren worden ist. Und wenn geschrieben steht: "Ich bin nicht gekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den des Vaters, der mich gesandt hat" (Jo 6,38-40); und: "Nicht was ich will, sondern was du willst, Vater" (Mk 14,36), und andere dieser Art, so bezieht sich das nicht auf einen verschiedenen Willen, sondern auf die Anordnung der angenommenen Menschheit. Dies alles ist nämlich unseretwegen gesagt, denen er ein Beispiel gegeben hat, damit wir seinen Spuren folgen, der liebevolle Meister, der seine Jünger anstecken wollte, dass nicht ein jeder von uns seinen eigenen, sondern vielmehr in allen Dingen den Willen des Herrn vollziehen sollte.

Laßt uns also auf dem königlichen Wege einherschreiten und die rechts- oder linkshin ausgelegten Schlingen der Jäger vermeiden, damit wir unseren Fuß nicht an einen Stein stoßen, und den Idumäern, da heißt, den irdisch Gesinnten, und den Irrlehrern ihr Eigenes überlassen, und nicht einmal mit einem Tritt des Fußes unseres Sinnes die Erde, das heißt, ihre verkehrte Lehre, auch nur anrühren, damit wir zu dem gelangen können, wohin wir streben, das heißt, zum Vaterland, auf der Spur unserer Anführer wandelnd. Und wenn vielleicht einige es sozusagen mit Stottern darlegen, wenn sie keine Vortragskünstler sind, die sich nach dem Muster der Gelehrten bilden, dass sie die Geister der Zuhörer verseuchen könnten - so darf man das nicht auf die kirchlichen Lehrsätze zurückwenden, was offenbar weder die synodalen Spitzen, die darüber Untersuchungen anstellen, noch die kanonischen Autoritäten erklärt haben, dass jemand sich anmaßt, eine oder zwei Wirkkräfte (Energien) Christi des Herrn zu predigen, die weder die evangelischen oder apostolischen Schriften, noch die darüber angestellte synodale Untersuchung bestimmt zu haben scheinen; es sei denn, dass, wie wir vorher gesagt haben, einige etwas mit Stottern gelehrt haben, die sich herablassen, Geist und Verstand der Kleinen zu untreweisen; das aber darf nicht zu den kirchlichen Lehrsätzen hingezogen werden, was ein jeder der eigenen Überzeugung gemäß (vgl Röm 14,5), nach seiner Meinung zu erklären scheint. Denn dass der Herr Jesus Christus, der Sohn und das Wort Gottes, durch das alles geworden ist (Jo 1,3), ein und derselbe ist, der Göttliches und Menschliches vollbringt, davon sind die heiligen Schriften voll und beweisen es aufs deutlichste. Ob aber wegen der Werke der Gottheit und der Menschheit eine oder zwei Tätigkeiten abgeleitete und erklärt oder verstanden werden müssen, das darf uns nichts angehen, das überlassen wir den Sprachlehrern, die den Kleinen durch Ableitung ausgesuchte Namen zu verkaufen pflegen. Wir haben nämlich den Herrn Jesus Christus und seinen Heiligen Geist nicht als eine oder zwei Wirkungen in den heiligen Schriften wahrgenommen, sondern haben bemerkt, dass er auf vielfache Weise gewirkt hat. Denn es steht geschrieben: "Wenn einer den Geist Christi nicht hat, gehört er ihm nicht an" (Röm 8,9). Und anderswo: "Niemand kann sagen: Herr Jesus, außer im Heiligen Geiste. Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist. Es gibt verschiedene Ämter, aber es ist derselbe Herr. Es gibt verschiedene Kraftwirkungen, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen wirkt" (1 Kor 12,3-6).

Wenn nämlich die verschiedenen Kraftwirkungen viele sind, und Gott diese alle in allen Gliedern des ganzen Leibes bewirkt, um wieviel mehr kann das auf unser Haupt, Christus den Herrn, auf das vollste angewandt werden, dass Haupt und Leib eine vollendete Einheit bilden, bis er, wie geschrieben steht, "zur Mannesreife gelangt, zum Vollmaße des Alters Christi" (Eph 4,13). Denn wenn der Geist Christi in den andern, das heißt, in seinen Gliedern, vielfältig tätig ist, der, in dem sie leben, sich bewegen und sind: um wieviel mehr müssen wir gebührenderweise bekennen, dass der Mittler zwischen Gott und den Menschen durch sie selbst voll und vollendet, und auf vielfache und unaussprechliche Weisen dank der Gemeinschaft der beiden Naturen gewirkt hat?

Wir wenigstens müssen nach den Vorschriften des Wortes Gottes denken und empfinden, indem wir nämlich das zurückweisen, was, weil es neue Ausdrücke sind, den heiligen Kirchen Gottes Ärgernisse bereitet, wie man weiß; damit die Kleinen, entweder durch das Wort von den zwei Tätigkeiten geärgert, nicht meinen, wir liefen den Nestorianern nach und nähmen Wahnsinniges an; oder gewiß, wenn wir andrerseits dafür halten, dass (nur) eine Tätigkeit unseres Herrn Jesus Christus bekannt werden darf, man nicht glaubt, wir würden entsetzten Ohren den törichten Unsinn der Eutychianer verkünden. Auch müssen wir verhüten, dass die Feuer der flammenspeienden Fragen nicht immer wieder den Aschenhaufen derer neu beleben, deren unnütze Waffen verbrannt sind, indem wir einfach und wahrheitsgemäß den Herrn Jesus Christus als den einen bekennen, der durch die göttliche und die menschliche Natur tätig ist, und es für auserlesener halten, dass die eitlen Abwäger der Naturen mit müßigen Geschäften, und die aufgeblähten Philosophen mit Froschstimmen gegen uns lärmen, als dass die einfachen und demütigen christlichen Gemeinden hungrig bleiben dürfen. Niemand wird nämlich mit Philosophie und eitlem Trug die Schüler der Fischer täuschen, die ihrer Lehre folgen; denn alle klippenreichen und wellenschweifigen Argumente eines schlauen Streitgespräches sind in ihre Netze zusammengedrückt. Das möge eure Brüderlichkeit mit uns verkünden, wie auch wir es einmütig mit euch verkünden, und ermahnen euch, dass ihr unter Vermeidung des neu eingeführten Wortes von der einen oder doppelten Tätigkeit, mit uns im rechten glauben und in katholischer Einheit den einen Herrn Jesus Christus verkündigt, Sohn des lebendigen Gottes und selbst in aller Wahrheit Gott, der in zwei Naturen göttlich und menschlich gewirkt hat. - Gott erhalte dich unversehrt, geliebtester und heiligster Bruder!


Honorius I. (625-638) - Brief "Scripta fraternitatis" (604) an den Patriarchen Sergius von Kanstantinopel: über Willen und Tätigkeiten in Christus. - PL 80,470-474; - Mansi, 11,538-541; - vgl DS, n. 487-488.

Aus: Summa Pontificia - Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende, Band I - Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral Abensberg

Donnerstag, Oktober 04, 2007

Die wahre Lehre über Jesus Christus (von Papst Anastasius II., 496-498)

Jesus Christ God and ManWir bekennen [demnach] unseren Herrn Jesus Christus als den eingeborenen Sohn Gottes, der seiner Gottheit nach vor aller Zeit und ohne Anfang vom Vater gezeugt ist, aber auch in den jüngsten Tagen aus Maria der heiligen Jungfrau Fleisch angenommen hat und vermöge einer vernünftigen Seele sowie vermöge der Annahme eines Leibes wahrer Mensch geworden ist: nach seiner Gottheit wesensgleich mit dem Vater, nach seiner Menschheit wesensgleich mit uns. Denn es wurde auf eine unaussprechbare Weise eine Vereinigung zweier unversehrter Naturen hervorgebracht, weshalb wir einen und denselben Christus, den Gottes- und Menschensohn, als den Eingeborenen vom Vater (Joh 1,14) und als den Erstgeborenen aus den Toten (Kol 2,18) bekennen. Wir glauben, dass er in seiner Gottheit, vermöge deren er mit dem Vater gleich ewig ist, der Schöpfer aller Dinge wurde und in seiner Herablassung sich auf geheimnisvolle Weise aus der heiligen Jungfrau einen Tempel erbaute, nachdem dieselbe ihre Einwilligung gegeben hatte, indem sie zu dem Engel sprach: "Ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte (Lk 1,38)!" Und er hat diesen Tempel sogleich im ersten Augenblicke (seiner Zubereitung) mit sich vereinigt und keineswegs als einen aus seiner eigenen Substanz gebildeten Körper vom Himmel mit herabgebracht, sondern aus der Masse der menschlichen Substanz, beziehungsweise aus der heiligen Jungfrau angenommen. Aber da es einen Leib annahm und mit sich vereinigte, wurde Gott das Wort nicht in Fleisch verwandelt, noch hat es, während es seine (göttliche) Natur ohne Wechsel und Wandel beibehielt, die Erstlinge unserer Natur bloß als ein Scheinding, das sichtbar geworden wäre, mit sich verbunden. Vielmehr hat sich das Urprinzip, Gott das Wort, vermöge seiner großen Güte gewürdigt, die Erstlinge unserer Natur gerade in dem Zustande, indem wir diese Natur besitzen, mit sich zu verbinden; denn nicht in einer Vermischung, sondern als der Eine und als das nämliche Selbst in zwei Substanzen ist er offenbar geworden, weshalb auch geschrieben steht: "Zerstöret diesen Tempel, und nach drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten (Joh 2,19)!" Es wird nämlich Christus Jesus zerstört nach derjenigen Substanz, die er angenommen hat; seinen zerstörten Tempel aber richtet er wieder auf, und er tut es nach seiner göttlichen Substanz, nach welcher er auch der Hervorbringer aller Dinge ist. Niemals aber hat er sich vermöge der Auferstehung unserer mit ihm vereinigten Natur wieder von seinem Tempel getrennt, noch kann er sich vermöge seiner unaussprechlichen Güte jemals von ihm trennen. Doch ist Christus unser Herr zugleich leidensfähig und leidensunfähig: leidensfähig nach seiner Menschheit, leidensunfähig nach seiner Gottheit. Es hat also Gott das Wort seinen Tempel wieder aufgerichtet und an sich die Auferstehung und Neubelebung unserer Natur bewirkt. Und diese Natur hat Christus der Herr, unser Gott, als er von den Toten auferstanden war, seinen Jüngern wieder gezeigt, indem er dabei sprach: "Berühret mich und blicket her; denn ein Geist besitzt nicht Fleisch und Gebein, wie ihr sehet, dass ich sie besitze (Luk 24,39)!" Seine Worte lauteten nicht: "wie ihr sehet, dass ich es bin", sondern: "wie ihr sehet, dass ich besitze", - damit du, sowohl denjenigen betrachtend, der besitzt, als denjenigen, der besessen wird, erkennen mögest, dass nicht eine Vermischung, nicht eine Wesensumwandlung, nicht eine Veränderung, sondern eine Vereinigung hervorgebracht wurde. Der Zweck, um dessenTaillen er die Nägelwunden und den Lanzenstich vorzeigte oder mit seinen Jüngern aß, war gerade der, (durch diese Dinge) auf jede Weise darzutun, dass es gänzlich nur unsere Natur war, deren Wiederauferstehung zu einem neuen Leben sich an ihm vollzog. Und weil er nach der seligen Substanz der Gottheit unwandelbar, unveränderlich, leidensunfähig und unsterblich ist und niemandes bedarf, sondern vielmehr selber allen das Dasein gibt, so hat er aus freiem Willen gestattet, dass seinem Tempel Leiden zugefügt würden, hat aber nachher denselben aus eigener Kraft wieder aufgerichtet; die Wiederherstellung seines Tempels aber, die er selber vollbrachte, ist nichts anderes als eine Wiedererneuerung unserer Natur.
Diejenigen also, die sagen, Christus sei ein ätherischerMensch, oder Gott sei dem Leiden unterworfen, oder er habe sich in Fleisch verwandelt, oder er habe keinen zur Einheit mit sich verbundenen Leib besessen, oder er habe seinen Leib mit vom Himmel herabgebracht, oder es sei dieser Leib nur eine Scheingestalt gewesen, oder das Wort, das diesen Leuten nur als sterblicher Gott gilt, habe es nötig gehabt, dass es vom Vater wieder auferweckt werde, oder es habe dasselbe einen Leib ohne Seele oder den Menschen ohne Empfindung angenommen, oder die beiden Substanzen Christi seien, durch Mischung miteinander vermengt, zu einer einzigen Substanz geworden: Diejenigen, die nicht bekennen, dass in unserem Herrn Jesus Christus zwei unvermischte Naturen sind, aber nur eine einzige Person, weshalb er auch nur ein Christus und nur ein Sohn ist, alle diese sind dem Bannfluch der katholischen und apostolischen Kirche verfallen.

Aus: Summa Pontificia - Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende - Band I - Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral, Abensberg, Seiten 102 und 103

Sonntag, September 30, 2007

Die hochheilige Dreieinigkeit: Wesen und Person des Heiligen Geistes

1. Wenn wir uns in unserem Innern ein Bild von der Hoheit des Heiligen Geistes machen wollen, so dürfen wir uns ihn in keiner Weise verschieden von der Majestät des Vaters und des Sohnes denken; denn das Wesen der göttlichen Dreifaltigkeit weicht in nichts von seiner Einheit ab. Von Ewigkeit her ist der Vater der Erzeuger des mit ihm gleich ewigen Sohnes. Von Ewigkeit her ist der Sohn vor aller Zeit vom Vater gezeugt. Und von Ewigkeit her ist der Heilige Geist der Geist des Vaters und des Sohnes. Daher ist der Vater nie ohne den Sohn, der Sohn nie ohne den Vater gewesen, wie auch Vater und Sohn niemals ohne den Heiligen Geist waren. Deshalb ist auch in der Dreifaltigkeit keine Person älter oder jünger; denn es gibt in ihr keinen Unterschied des Bestehens. Die unwandelbare Gottheit dieser hochheiligen Dreieinigkeit ist eins in ihrem Sein, ungeteilt in ihrem Wirken, einmütig in ihrem Wollen, gleich in ihrer Macht und ebenbürtig in ihrer Herrlichkeit. Wenn nun die Heilige Schrift so von ihr redet, dass sie eine Handlung oder einen Ausspruch einer einzelnen Person als angemessen zuzuweisen scheint, so lässt sich dadurch der Katholik in seinem Glauben nicht wankend machen, sondern sieht darin vielmehr eine Belehrung. Durch diese besondere Zuteilung eines Wortes oder einer Tat soll uns die Wahrheit der Dreieinigkeit zum Bewußtsein gebracht werden! Es soll also unser Geist nicht trennen, was unser Gehör unterscheidet! Nur deshalb werden gewisse Dinge unter dem Namen des Vaters oder des Sohnes oder des Heiligen Geistes erzählt, damit das Bekenntnis der Gläubigen in der Frage der Dreieinigkeit nicht fehlgehe. Da diese nämlich unteilbar ist, so würde man nie das Vorhandensein der Dreifaltigkeit erkennen, wenn von ihr immer nur "gemeinsam" die Rede wäre. In zweckmäßiger Weise führt uns also gerade die Schwierigkeit, dafür Worte zu finden, zur Erkenntnis hin, und kommt uns die göttliche Unterweisung gerade durch unser Unvermögen zu Hilfe: Da man bei der Gottheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes weder an eine einzige Person noch an eine verschiedene Wesenheit denken darf, kann man zwar die wahre Einheit und die wahre Trinität einigermaßen in seinem Innern als einunddasselbe empfinden, aber nie in einunddasselbe Wort kleiden.

3. Lassen wir also zu unserem Heile in unseren Herzen den Glauben feste Wurzel fassen, dass der ganzen Dreieinigkeit zugleich ein und dieselbe Kraft, ein und dieselbe Hoheit und ein und dieselbe Natur eigen ist, dass sie nicht gesondert ist in ihrem Wirken, nicht trennbar in ihrer Liebe und nicht verschieden in ihrer Macht, dass sie zusammen alles erfüllt und alles in sich birgt! Was nämlich der Vater ist, das ist auch der Sohn und der Heilige Geist. Die wahre Gottheit kann bei keinem von ihnen größer oder kleiner sein. Das göttliche Wesen der drei Personen muss sich unser Glaube so vorstellen, dass die drei Personen nicht zu einer werden und ihre gleiche Natur [in allem] die Einheit wahrt. Wenn wir uns diesen Glauben, Geliebteste, so recht zu eigen gemacht haben, dann können wir wohl nicht daran zweifeln, dass mit der Herabkunft des Heiligen Geistes über die Jünger des Herrn am Pfingstfeste die Austeilung der göttlichen Gnade nicht erst begann, sondern nur in größerem Maßstabe fortgesetzt wurde. Auch die Patriarchen und Propheten, die Priester und alle Frommen, die in früheren Zeiten gelebt haben, wurden von demselben Geiste geheiligt und erfüllt. Ohne seine Gnade wurden nie Sakramente eingesetzt, nie Mysterien gefeiert. So war also die Kraft der Gnaden stets dieselbe, wenn auch das Maß der Geschenke nicht immer das gleiche gewesen ist.

4. Auch die seligen Apostel trugen schon vor dem Leiden des Herrn den Heiligen Geist in sich. Selbst in den Werken des Erlösers zeigte sich die Stärke seines Wirkens. Wenn der Herr seinen Jüngern die Macht gab, Krankheiten zu heilen und Teufel auszutreiben (vgl Lk 10,17,20; Apg 3,2 ff; 14,7 ff; 28,8 f), so verlieh er ihnen dadurch die Kraft des nämlichen Geistes, durch die er selbst den Dämonen gebot. Diese Macht sprachen die gottlosen Juden Jesus ab und führten sein göttliches hilfreiches Wirken auf den Satan zurück (vgl Mt 9,34; Mk 3,22; Lk 11,15). Wegen dieser Gotteslästerung vernahmen sie mit Recht den Urteilsspruch des Herrn: "Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden, aber eine Lästerung gegen den Geist wird nicht nachgelassen werden. Wer immer ein Wort redet gegen den Menschensohn, dem wird vergeben werden; wer aber redet gegen den Heiligen Geist, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Welt noch in der zukünftigen (Mt 12,31; vgl Mk 3,28; Lk 12,10)." Daraus geht zur Genüge hervor, dass ohne Anrufung des Heiligen Geistes keine Vergebung der Sünden möglich ist, dass niemand ohne ihn in ersprießlicher Weise seine Schuld beklagen oder so, wie es sich gehört, zu Gott beten kann, nach den Aussprüchen des Apostels: "Um was wir beten sollen, wie es sich gebührt, wissen wir nicht, aber der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern (Röm 8,26)." "Niemand kann sagen 'Herr Jesus' außer im Heiligen Geist (1 Kor 12,3)." Ihn entbehren zu müssen, ist verderblich, da niemand Verzeihung erlangt, wenn ihn sein Fürsprecher verläßt. Alle Jünger, die an den Herrn Jesus glaubten, trugen also, Geliebteste, den Heiligen Geist [schon vor seiner Herabkunft] in sich. Auch die Gewalt, Sünden nachzulassen, hatten die Apostel schon damals erhalten, als sie der Herr nach seiner Auferstehung anhauchte und sprach: "Empfanget den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden nachlasset, denen sind sie nachgelassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten (Jo 20,22 f; vgl Mt 18,18)." Allein zur Erreichung jener Vollkommenheit, die den Jüngern zugedacht war, wurden noch mehr Gnaden und eine stärkere Inspiration in Bereitschaft gehalten. Durch diese sollten sie empfangen, was sie noch nicht besaßen, und in den Stand gesetzt werden, das Empfangene sich noch besser zu eigen zu machen! In diesem Sinne sprach der Herr: "Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht fassen. Wenn aber jener Geist der Wahrheit kommt, so wird er euch die ganze Wahrheit lehren, denn er wird nicht von sich selber reden, sondern alles, was er hört, wird er reden, und das Zukünftige wird er euch verkünden; denn von dem Meinigen wird er nehmen und euch verkünden (Joh 16,12 ff). ..."

Papst Leo I., der Große (440-461) - Sermo 76: Zweite Predigt über das Pfingstfest. - BKV, II, 219-222; - PL 54,404-407.
(Summa Pontificia, Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende, Band I. Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral, Abensberg, Seite 67)

Irrlehren über Christus und den Heiligen Geist

Wie wir demgemäß die Anhänger des Arius verabscheuen, die zwischen Vater und Sohn einen gewissen Unterschied gemacht wissen wollen, ebenso verwahren wir uns gegen die des Macedonius. Diese weisen zwar dem Vater und dem Sohne die gleiche Natur zu, halten jedoch den Heiligen Geist für ein niedrigeres Wesen. Dabei bedenken sie nicht, dass sie sich dadurch einer Gotteslästerung schuldig machen, die weder hier auf Erden noch beim künftigen Gerichte Gnade finden soll, nach dem Ausspruch des Herrn. "Wer immer ein Wort redet gegen den Menschensohn, dem wird vergeben werden; wer aber redet gegen den Heiligen Geist, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Welt noch in der zukünftigen (Matth 12,32. vgl Mark 3,29; Luk 12,10)." Wer also bei dieser gottlosen Irrlehre verharrt, der erlangt keine Verzeihung, weil er sich von dem abgewandt hat, durch den er zu einem Bekenntnis hätte kommen können. Nie wird der durch Vergebung Heilung finden, der keinen Anwalt als schützenden Fürsprecher zur Seite hat. Gerade vom Heiligen Geiste geht es ja aus, wenn wir zum Vater rufen. Durch ihn kommen die Tränen der Reumütigen, durch ihn die Seufzer der um Verzeihung Bittenden. "Und keiner kann sagen: 'Herr Jesus' außer im Heiligen Geiste (1 Kor 12,3)." Dass dieser aber die Allmacht mit dem Vater und dem Sohne teilt, und die Gottheit nur eine ist, das spricht der Apostel ganz deutlich aus, wenn er schreibt: "Es sind zwar verschiedene Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist. Es sind zwar verschiedene Ämter, aber es ist derselbe Herr. Und es sind verschiedene Wirkungsweisen, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen schafft (Ebd 4 ff)."

Papst Leo I., der Große (440-461) - Sermo 75: Erste Predigt über das Pfingstfest. - BKV, II, 214-217; - PL 54,401-405.
(Summa Pontificia, Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende, Band I. Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral, Abensberg, Seite 67)

Der Heilige Geist: Ursprung, Wesen, Wirksamkeit

(3.) Obwohl die Art und Weise jenes Vorganges [Pfingsten], Geliebteste, überaus wunderbar war, und es keinem Zweifel unterliegt, dass sich in jener plötzlich zutage tretenden Fähigkeit, die Sprachen aller Völker zu sprechen, die majestätische Macht des Heiligen Geistes offenbarte, so möge doch niemand glauben, dass sich in dem, was man mit leiblichen Augen sah, sein göttliches Wesen gezeigt habe! Seine unsichtbare Natur, die er mit dem Vater und dem Sohne teilt, hat damit nur eine besonderen Wirkung ihrer Gnade, so wie es ihr beliebte, durch ein sinnlich wahrnehmbares Zeichen Ausdruck verliehen, während sie das ihr eigene Wesen unter ihrer Gottheit verborgen hielt. Weder den Vater noch den Sohn noch den Heiligen Geist vermag der Mensch zu schauen; denn in der göttlichen Dreieinigkeit ist nichts unähnlich, nichts ungleich. Alle Vorstellungen, die man sich von ihrem Wesen machen kann, laufen auf dieselbe Kraft, Majestät und Ewigkeit hinaus. Wenn auch als Person betrachtet der Vater ein anderer ist als der Sohn und der Heilige Geist, so ist doch ihre Gottheit, ihre Natur die gleiche. Wenn auch der eingeborene Sohn vom Vater stammt, und der Heilige Geist der Geist des Vaters und des Sohnes ist, so ist er dies doch nicht im Sinn all der Geschöpfe, die der Vater und der Sohn geschaffen haben, sondern im Sinne eines zusammen mit beiden lebenden und regierenden Wesens. Seit Ewigkeit ist seine Natur die nämliche wie die des Vaters und des Sohnes. Darum sprach auch der Herr, als er am Tage vor seinem Leiden seinen Jüngern die Ankunft des Heiligen Geistes verhieß: "Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht fassen. Wenn aber jener Geist der Wahrheit kommt, so wird er euch die ganze Wahrheit lehren; denn er wird nicht von sich selber reden, sondern alles, was er hört, wird er reden und das Zukünftige wird er euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein. Darum habe ich euch gesagt, dass er von dem Meinigen nehmen und euch verkünden wird (Joh 16,12 ff)." Dem Vater also ist nichts anderes eigen als dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Alles, was der eine besitzt, besitzen auch die anderen. Von jeher bestand bei der Dreieinigkeit diese Gemeinschaft; denn bei ihr deckt sich dieses gemeinsame, "alles umfassende Haben" mit ihrem "ewigen Sein". Nicht darf man bei ihr an Alter, Rang oder sonstige Unterschiede denken. Wenn schon niemand erklären kann, was Gott ist, so soll auch niemand zu behaupten wagen, was er nicht ist; denn entschuldbarer wäre es, sich über das unerklärliche Wesen der Dreieinigkeit in ungebührender Weise zu äußern, als ihr Eigenschaften anzudichten, die mit ihr im Widerspruche stehen! Wenn also fromme Herzen von der ewigen und unveränderlichen Herrlichkeit des Vaters zu fassen vermögen, das sollen sie ohne allen Unterschied zugleich auch vom Sohne und vom Heiligen Geiste glauben! Gerade deshalb bezeichnen wir ja die heilige Dreifaltigkeit als "einen" Gott, weil es in ihren drei Personen keine Verschiedenheit des Wesens, der Macht, des Wollens oder des Wirkens gibt.

Papst Leo I., der Große (440-461) - Sermo 75: Erste Predigt über das Pfingstfest. - BKV, II, 214-217; - PL 54,401-405.
(Summa Pontificia, Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende, Band I. Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral, Abensberg, Seite 66)

Die wahre Lehre über Christus: Zwei Naturen

Icon of the Sacred Heart of Jesus(...) Als das göttliche Wort vom Himmel kam und im Leibe der heiligen Jungfrau Maria wohnte, von welcher es das Fleisch annahm, brachte es seinen Leib keineswegs vom Himmel herab, noch erhielt es seine Gottheit erst auf der Erde; sondern er selbst war Gott, er selbst bildete seinen Leib im Schoße der Jungfrau, er hatte auch bei der Bereitung seines Leibes keinen Genossen, sondern er selbst bereitete ihn allein. Wir bekennen aber, dass bei allem, was von seiner menschlichen Natur geschah, die göttliche Natur Gefährte gewesen ist, die keinen, auch nicht den kleinsten Augenblick von der menschlichen Natur getrennt war. Wir bekennen auch, dass er zu eben derselben Zeit, wo er als unser Erlöser vom Himmel kam und in den Schoß der Jungfrau herabstieg, die göttliche Natur mit der menschlichen vereinigt hat, welche niemals bei irgendeiner Sache oder Handlung getrennt gewesen sind, weil sie unzertrennlich waren. Und gleich wie seine göttliche Natur kein Ende hat, ebenso bleibt auch seine menschliche Natur nach der Auferstehung in Ewigkeit. Er sog die Milch von dem Weibe, dessenungeachtet machten Gottheit und Menschheit einen [Christus] aus. Niemand möge glauben, dass erst zu jener Zeit, als das göttliche Wort auf Erde zum Empfange der Taufe von der Hand des Johannes hinzutrat, seine göttliche Natur ihren Anfang genommen habe, als nämlich Johannes die Stimme des Vaters vom Himmel her hörte. Gewiss ist dem nicht so; sondern in ebendemselben Augenblicke, wo er in den Schoß der Jungfrau herabstieg, ward er mit Leib und Gottheit ein Idividuum. Es war die Gottheit teilhaft des Leibes, und es wurde auf eine unveränderliche und untrennbare Weise eine einzige Einheit. Die göttliche Natur ist von der menschlichen Natur nicht getrennt worden; als Christus am Kreuze war, wich die göttliche Natur nicht von seiner Menschheit. Er fuhr in den Himmel auf mit dem Leibe,den er von Maria der Jungfrau angenommen hat, und sitzet zur Rechten seines besten Vaters. Das ist unser Glaube. Diejenigen aber, die nicht so glauben, weist die katholische Kirche aus, ja ihr Stifter, Gott, belegt sie mit dem Bann. Lob sei Gott in Ewigkeit! Amen.

Aus einem Brief von Papst Innozenz I. (402-417) an Bischof Severianus von Gabala. - BKV, III, 190 f; - PL 20,611 f. (Summa Pontificia, Lehren und Weisungen der Päpste durch zwei Jahrtausende, Band I. Eine Dokumentation ausgewählt und herausgegeben von P. Amand Reuter O.M.I., 1978, Verlag Josef Kral, Abensberg, Seite 37